AW: Fischbesatz 500 l Teich
Hallo,
das Thema kommt ja nun öfter und ich dachte mir, ich schreibe mal eine etwas ausführlichere Antwort, als üblich. Eventuell auch als Basis eines Artikels fürs Bassiswissen, falls Interesse besteht, arbeite ich das gerne weiter aus. Hier nun mein ausführlicher Senf dazu:
Fische in sehr kleinen Teichen
Oft wird gefragt, ob man in einem kleinen Teich, oft mit nur wenigen Hundert Litern Fische halten kann und wenn ja welche und wieviele. Dies wird meist verneint und endet oft in sehr hitzigen Diskusionen. Daher hier eine kleine Zusammenfassung, warum eine gewisse Teichgröße Voraussetzung für die Fischhaltung sein sollte:
Ich möchte daher im Nachfolgenden Text auf einige Aspekte eingehen, die bei der Beantwortung der Frage „kann ich in meinen kleinen Teich Fische setzen“ zu beachten sind.
1.Temperaturschwankungen
Je geringer das Wasservolumen, desto stärker sind die Temperaturunterschiede des Wassers zwischen Tag und Nacht. Das Wasser heizt sich am Tage schnell auf und kühlt am Abend sehr schnell wieder ab. Fische sind wechselwarme Tiere und reagieren darauf sehr direkt. Dies bedeutet für die Tiere mehr Stress, was die Fische schwächt und anfälliger für Krankheiten macht.
2.Nährstoffeintrag
In jeden Teich gelangen Nährstoffe, welche das Wasser stark belasten können. Diese sollten so schnell wie möglich entfernt werden, um die Bildung von Schweb- und Fadenalgen in Grenzen zu halten und auch um die Bildung von Faulgasen im Bodengrund zu verhindern. Je kleiner das Wasservolumen und je geringer die Bepflanzung, umso schlechter wird dieser Nährstoffeintrag kompensiert. Hier würde ein entsprechendes
Filtersystem und entsprechende Teichpflege helfen.
3.Überwinterung
Fische brauchen zum Überwintern eine Mindesttemperatur von 4° Celsius im Wasser und Sauerstoff. Die Temperatur kann durch eine möglichst große Teichtiefe gewährleistet werden. Man gibt meist 80cm an, wobei man das Bodensubstrat mit einplanen muss und auch eine Mulmschicht, welche sich im Laufe der Zeit bilden wird. Neben der Tiefe ist auch das vorhandene Wasservolumen, welche die Temperatur von 4° hat entscheidend. Denn das Wasser, in dem sich die Fische im Winter aufhalten muss genügend Sauerstoff enthalten um den Fischen die Überwinterung zu ermöglichen. Hierzu tragen Unterwasserpflanzen bei. Je größer das bereitgestellte Wasservolumen, desto mehr Sauerstoff steht den Fischen zur Verfügung. Zu bedenken ist auch, dass die meisten Teiche im Winter nicht gefiltert werden. Da die Fische ihren Stoffwechsel herunterfahren und nicht fressen, entstehen auch nur sehr wenige Giftstoffe. Dennoch belasten Faulgase und verwesendes, organisches Material weiter das Wasser. Auch hier gilt, je mehr Wasser, desto geringer die Schadstoffbelastung, da sich die Stoffe besser verteilen können.
Um den Gasaustausch zu sichern, ist es notwendig einen Teil der Wasseroberfläche Eisfrei zu halten. Dies kann mit einem Teichbelüfter geschehen.
4.Überwinterung im Aquarium
Wenn der Teich nicht die geeigneten Bedingungen bietet um dem Fischen die Überwinterung zu sichern, wird oft empfohlen die Tiere im Aquarium zu überwintern. Dies ist leichter gesagt, als getan. Denn auch ein Aquarium setzt gewisses Grundwissen voraus, muss entsprechend gepflegt werden und ist, je nach Größe nicht unbedingt preiswert. Es bedarf einer Einlaufzeit von mehreren Wochen, die Überwinterung muss also entsprechend vorbereitet werden. Desweiteren müssen die Fische recht früh im Jahr ins Aquarium hinein und werden erst recht spät wieder in den Teich gesetzt, wenn dieser die entsprechenden Wassertemperaturen hat. Vielen Fischen bekommt eine Ruhepause bei kalten Temperaturen auch sehr gut, was bei einem Aquarium in der guten Stube nicht funktioniert.
5.Artgerechte Haltung oder Überlebenskampf
Viele Teichfische sind sehr robust und überleben lange Zeit auch sehr schlechte Bedingungen. Besonders die beliebten Goldfische sind sehr hart im Nehmen. Da sie sich auch unter schlechten Bedingungen noch fortpflanzen und aufgrund ihres Verdauungstraktes immer fressen, wenn sie etwas bekommen, schließen viele Halter daraus, dass es den Fischen gut geht. Auch wenn sie sich gegenseitig durch den Teich jagen, wird dies meist als Zeichen für Wohlbefinden gedeutet. Eine Artgerechte Haltung sieht aber anders aus. Viele Fische fühlen sich in der Gruppe („Schwarm“ ist nicht der zutreffende Begriff) am wohlsten. Daher sollte eine artgerechte Haltung auch dies berücksichtigen. In einem Kleinstteich werden aber meist nur wenige Tiere gehalten. Daher kann eine Artgerechte Haltung nicht gewährleistet werden.
Zur artgerechten Haltung gehört auch ein entsprechender Schwimmraum. Als Minimalwert sollte hier die 10fache Körperlänge eines erwachsenen Fisches als Länge des freien Schwimmraumes genommen werden.
6.Vergleich Aquarium <> Gartenteich
Oft wird argumentiert, dass in einem Aquarium ein geringeres Wasservolumen bei höherer oder gleicher Besatzdichte als legitim angesehen wird. Hierbei muss man berücksichtigen, dass ein Aquarium sehr gut kontrollierbar ist. Es gibt, wenn überhaupt nur geringe Temperaturschwankungen, der Nährstoffeintrag ist ebenfalls kontrollierbar, sowie die Wasserchemie. Weiterhin findet bei einem Aquarium ein regelmäßiger Teilwasserwechsel statt, was bei den meisten Gartenteichen nicht der Fall sein wird. Ein Aquarium freirt im Winter auch nicht ein und kennt auch in der Regel keine Jahreszeiten und Wetteränderungen, keinen Regen und keinen Schnee.
7.Das Märchen von den Fischen, die sich anpassen
Oft hört man, dass sich Fische ja ihrer Umgebung anpassen und in einem engen Lebensraum auch nicht so groß werden. Dies stimmt so nicht. Es handelt sich hierbei um eine Wachstumsstörung, die sogenannte „Verbuttung“
8.Einige Fakten zum beliebten Goldfisch
Goldfische sind beliebt und werden auch für Kleinstteiche gerne verkauft. Die Käufer sehen hierbei einen Jungfisch von ca. 3-4cm Länge und denken, bei dieser Größe können ja einige in den Teich. Unter guten Bedingungnen können Goldfische 30-35cm lang werden und bis zu 30 Jahre alt. Sie vermehren sich sehr stark, fressen die Pflanzen an und gründeln gerne. Sie fressen auch Larven und den Laich von Amphibien, auch den eigenen und die eigene Brut.
9.Aber der Verkäufer hat gesagt...
Viele Leute, die einen Teich anlegen, kaufen das Material und die Fische im Bau- oder Gartenmarkt. Nicht immer wird man hier im Sinne der Tiere beraten, da die Fische hier eine Handelsware darstellen und verkauft werden sollen. Aus Sicht des Handels ist das auch durchaus legitim und man sollte die Schuld für eine falsche Aussage oder Beratung nicht unbedingt beim Verkäufer sehen. Oft handelt es sich nämlich „nur“ um Verkäufer und nicht um Fachpersonal, welches die Bedürfnisse der Fische kennt. Besser ist es sich selbst vor einem Kauf zu informieren und hierbei mehrere Quellen zu nutzen.
10.Wenn man aber unbedingt Fische halten möchte
Wenn man trotz all der möglichen Probleme dennoch im Kleinstteich Fische halten möchte, sollte man sich im klaren darüber sein, dass man keinen Gartenteich, sondern ein Freilandaquarium betriebt. Dies bedeutet, dass man einen entsprechend dimensionierten Filter benötigt, der vor dem Fischbesatz eingefahren werden muss. Der Filter muss 24 Stunden am Tag laufen. Der Teich selbst sollte auch eingefahren sein und gut bepflanzt. Er sollte den Fischen Rückzugsmöglichkeiten bieten und nicht in der prallen Sonne liegen. Ein regelmäßiger Teilwasserwechsel ist hilfreich und der Nährstoffeintrag muss minimiert werden. Eine Überwinterung im Teich oder im Aquarium muss möglich sein.
11.Der moralische Aspekt
Fische in einem Teich sind ein Blickfang, keine Frage. Aber wenn man sich mal überlegt, unter welchen Bedingungen ein Goldfisch von 20cm länge zum Beispiel in einem 500L Teich hat, sollte man doch nachdenklich werden. Es entspricht bestimmt nicht dem arttypischen verhalten eines Fisches, gerade mal die 5-fache Körperlänge zu schwimmen und wieder umzudrehen, weil das Becken so klein ist. Das alles noch mit 5 oder mehr Artgenossen zusammen. Das sollte man sich mal auf sich selbst übertragen, oder auf Haustiere mit besserer Lobby. Die meisten Katzen und Hunde haben im Vergleich mehr Platz und bessere Bedingungen. Am Ende muss jeder selbst entscheiden, ob er Fische artgerecht halten will, oder als Blickfang und Deko- Objekt in den Teich setzt.
Soweit mal meine etwas ausführliche Antwort. Bei der Länge könnten sich die ein oder anderen Tippfehler eingeschlichen haben, dafür bitte ich um Nachsicht.
Wer nun der Meinung ist, dass man durchaus auch in 500L erfolgreich und
über lange Jahre gesunde Fische
artgerecht halten kann, der kann ja gerne mal entsprechend ausführlich schildern, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit dies gelingt.
Gruß
Heiko