AW: Marmorkies oder Muschelschrot
Hallo Teichfreunde!
Prinzipiell seid ihr schon am richtigen Weg:
Dass das Einbringen von Kalk in Form von Muschelgrus oder Marmor wenig an der Karbonathärte ändert,
habt ihr schon gemerkt. Die Ursache dafür liegt auch in einer Passivierung der Oberflächen,
aber hauptsächlich daran, dass Kalk grundsätzlich nicht wasserlöslich ist.
Dazu bedarf es der Kohlensäure, die den Kalk so angreift:
Kalk CaCO3 + Kohlensäure H2CO3 <=> Kalzium-Hydrogenkarbonat Ca(HCO3)2
Das Kalzium-Hydrogenkarbonat ist super wasserlöslich:
Ca(HCO3)2 <=> Ca++ + 2 (HCO3)-
Letzteres ist das Hydrogen-Karbonat-Ion und dessen Konzentration ist definitionsgemäß die Karbonathärte.
Die zur Lösung von Kalk erforderliche Kohlensäure ist aber nur in saurem Milieu stabil
und zerfällt unter alkalischen Bedingungen rasch in Wasser und CO2, welches ausgast.
Bei ausreichend hoher Karbonathärte ergibt sich damit ein mehr oder weniger stabiles Gleichgewicht,
welches verhindert, dass die Karbonathärte und damit der pH-Wert schnell weiter steigt,
bzw. dafür sorgt, dass ein fallender pH-Wert (der angesprochene Säuresturz) aufgefangen wird.
(Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom "Puffervermögen" des Wassers.)
Extrem weiches Wasser mit niedriger Karbonathärte ist damit sehr empfindlich
und kann sehr leicht im pH-wert schwanken, was für die Biologie sehr schlecht ist.
Hohe Karbonathärte geht aber auch immer mit hohem pH-Werten und geringem freien CO2 einher,
die wiederum nur wenigen Wasserpflanzenspezialisten das Leben erlauben.
Diese holen sich (nur bei hoher KH) das für sie lebenswichtige Atemgas CO2
durch biogene Entkalkung aus der KH und enthärten damit das Wasser.
Im Interesse eines guten Pflanzenwuchses ist deshalb eine niedrige KH wünschenswert;
bei einer KH von 4 würde ich mir da noch überhaupt keine Sorgen machen,
sondern nur hin und wieder kontrollieren, ob sie nicht vielleicht weiter fällt.
Im Normalfall steigt sie jedoch langsam an, da sich die gelösten Stoffe akkumulieren.
Man sieht, dass da recht komplexe Regelkreise am Werk sind
(ich hab das etwas vereinfacht dargestellt!) und an daran herumzupfuschen,
ist selten gut für die Lebewesen im Wasser.
Muschelgrus und Co sind da völlig harm-, da weitgehend wirkungslos;
sollte man im Teich WIRKLICH die Karbonathärte erhöhen MÜSSEN
(was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann!),
so macht man das zweckmäßigerweise durch Zugabe einer Kalzium-Hydrogenkarbonatlösung.
(Dieses harmlose Salz ist um wenig Geld in der Apotheke oder im Chemikalienhandel erhältlich;
man kann´s aber natürlich auch über 100mal teurer als KHplus kaufen.
ACHTUNG: KEIN Natrium-Hydrogenkarbonat nehmen - das ist schlecht für die Pflanzen!)
Größenordnungsmäßig (!) ergeben ca. 100 g Ca(HCO3)2 pro 1 m³ Wasser 3 Grad KH,
ich empfehle jedoch NACHDRÜCKLICH,
die Dosierung LANGSAM und unter laufender MESSUNG (Titrieren) durchzuführen,
da schnelle Veränderungen der Wasserchemie in der Regel schlecht für die Biologie sind.
(Diese Methode wird seit Jahrzehnten mit Erfolg von Seewasseraquarianern angewendet,
die damit den "Kalk" wieder ins Wasser kriegen,
den die Korallen zum Aufbau ihres Skeletts rausgeholt haben.)