Hallo Brigitte,
ich hole jetzt etwas weiter aus, damit auch die anderen Leser etwas von diesem Thread haben:
die Gattung der
Seerosen gliedert sich in einige Untergattungen (Subgenera) auf. Es gibt das Subgenus Castalia aus dem alle winterharten Seerosen stammen, und es gibt einige Subgenera mit tropischen Seerosen. Von diesen tropischen Subgenera werden überwiegend die Arten des Subgenus Brachyceras gepflegt, weil sie tagblühend sind und keine allzugroßen Ansprüche stellen. In Australien existiert darüber hinaus das Subgenus Anecphya, das die größten und schönsten Blüten aller Seerosen hat, aber diese Pflanzen werden außerhalb Australiens sehr selten gepflegt. Die Seerose um die es hier geht (Nymphaea immutabilis) gehört zu diesem australischen Subgenus.
Im Sommer 2004 habe ich einige australische Seerosen von Presnell aus Florida importiert. Presnell hat seine Mutterpflanzen aus Australien bekommen, und über die Jahre an das Klima in Florida gewöhnt. Unser Klima ist natürlich ganz anders, und daher waren die Pflanzen zurecht schockiert als sie im verregneten Juni 2004 bei mir ankamen. Die Pflanzen sind allesamt rechte Mimosen. André Leu, der in Australien lebt und der Entdecker vieler dieser Seerosenarten ist, hat sogar in seiner eigenen Gärtnerei Probleme mit diesen Pflanzen. Ohne ersichtlichen Grund können sie von einem Tag auf den anderen alle Blätter abwerfen und sich auf die Knolle zurückziehen. Genau das dürfte jetzt bei Dir passiert sein. Meine Vermutung ist, dass dieses Verhalten genetisch bedingt ist. Australien ist ein extrem trockener Kontinent, die meisten Gewässer trocknen hin und wieder komplett aus. Eine Seerose, die in der Wachstumsphase davon betroffen wird, geht natürlich ein. Seerosen, die sich auf Knollen zurückgezogen haben, können in einem ausgetrockneten Teich dagegen jahrelang überleben. Wenn ein Teil der Seerosen also nach ein paar Monaten prophylaktisch in eine Ruhephase verfällt, dann ist das für den Gärtner zwar ärgerlich, für die Art aber ein sinnvolles Verhalten, das den Fortbestand der Art sichert.
Was die Ruhephase auslöst ist noch unbekannt. Stress durch den Transport kann ein Auslöser sein, Temperaturschwankungen im Wasser, Schwankungen in der Lichtintensität (Leu behauptet sogar, einmal seien bei ihm Pflanzen eingezogen, weil sie von zu vielen Leuten bewundert wurden, deren Schatten auf die Pflanzen fiel - also das wäre schon ein extrem mimosiges Verhalten!), und was weiß ich noch alles. Es gibt inzwischen Clone, die sich etwas besser verhalten, aber die sind noch nicht auf dem Markt. Mit ziemlicher Sicherheit werden diese Pflanzen auch immer eine Angelegenheit für Kenner bleiben, denn kein Gartencenter wird Geld für Pflanzen investieren, die man dann nicht ausstellen kann, und die beim Kunden erst mal in die Ruhephase wechseln. Aber wenn sich die Pflanze eingewöhnt hat, und wenn man den Kniff heraus hat wie sie im eigenen Garten blühen, dann sind es die schönsten Pflanzen die man sich vorstellen kann.
Meine Exemplare haben den Sommer über vor sich hin gemickert. Im Oktober habe ich dann die Knollen herausgenommen und wie die anderen Seerosen im feuchten Sand eingelagert. Die Knollen waren winzig (erbsengroß), aber sehr fest und gesund. Im März oder April werde ich sie in einem beheizten Aquarium wieder antreiben.
Dir würde ich empfehlen die Knolle entweder auch im Sand einzulagern oder sofort in ein Aquarium mit intensiver Beleuchtung zu pflanzen. Ich meine sie hat durchaus eine Überlebenschance.
Ob ich von Presnell 2005 australische Seerosen bekomme ist noch offen. Er ist umgezogen und muß seine Pflanzensammlung erst wieder aufbauen. Ein Import aus Australien scheitert an den gegensätzlichen Jahreszeiten. Aufgeben werde ich aber nicht. Nymphaea immutabilis ist die schönste Seerose die ich kenne. Außerdem blüht sie in unseren Landesfarben, und schon deswegen werde ich mich weiter darum bemühen sie bei uns zu akklimatisieren.
Werner