AW: Sumpf-Calla aus Samen...gibt es da Erfahrungen?
Samen kaufen und aussäen - so einfach geht es nicht. Bei den meisten Samen ist ein Mechanismus eingebaut, damit der Samen nicht zur falschen Zeit oder am falschen Ort keimt. Erst wenn die richtigen Voraussetzungen gegeben sind, kann man den Samen zum Keimen bringen. Diese Voraussetzungen muss man kennen, und da hilft eigentlich nur eifrig Literatur wälzen und andere Pflanzenfreude nach ihren Erfahrungen fragen. Heute kann man fast jeden Samen kaufen, aber die zur erfolgreichen Aussaat nötigen Infos werden nur selten mitgeliefert. Tüte auf und aussäen funktioniert nur bei gärtnerisch durchgezüchteten Arten, also vor allem beim Gemüse. Dort hat man alle Keimhemmungen durch jahrhunderte lange Auslese beseitigt.
Der zweite Schlüssel zum Erfolg ist frisches und richtig gelagertes Saatgut. Ein Samenkorn ist nichts Totes, in ihm schlummert ein Embryo (das ist kein Witz!). Dieser Embryo kann durch Umwelteinflüsse getötet werden und dann ist im Samenkorn nichts mehr da das wachsen könnte.
Solche Umwelteinflüsse sind die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit. Die Samenhülle schützt den Embryo vor diesen Einflüssen, aber sie ist nur für bestimmte Bedingungen ausgelegt. Bei tropischen Pflanzen ist es z.B. unnötig dass die Samenhülle so dick ist, dass der Embryo vor Frost geschützt ist. Lässt man sich solchen Samen im Winter schicken und er kommt bei Minusgraden in einem einfachen Briefumschlag an, dann kann man ihn eigentlich gleich wegwerfen. Der Embryo ist da mit hoher Wahrscheinlichkeit erfroren.
Echte Wasserpflanzen haben oft keine Notwendigkeit ihren Samen gegen Austrocknung zu schützen. Das sind dann Samen die wir im Wasser lagern müssen. Ein Beispiel dafür sind die winterharten
Seerosen. Bei den Riesenseerosen der Gattung
Victoria ist der Austrocknungsschutz so gering, dass der Embryo schon stirbt wenn der Samen länger als zwei Minuten aus dem Wasser genommen wird. Es gibt aber Anbieter die davon keine Ahnung haben und diese Samen trocken lagern und trocken verkaufen.
Andere Samen haben von Haus aus nur einen ganz geringen Schutz gegen den Verlust der Keimkraft. Bei den allermeisten Doldenblütlern ist das so. Diese Pflanzen setzen darauf solche Massen an Samen zu erzeigen, dass einer davon es schon schaffen wird.
Viele Pflanzen aus Regionen mit periodischen Waldbränden haben eine ganz andere Strategie entwickelt. Für sie sind optimale Keimbedingungen erst dann gegeben wenn nach einem Waldbrand große Kahlflächen mit viel Sonneneinstrahlung entstanden sind. Also müssen die Samen viele Jahre im Boden überstehen können und dann noch den folgenden Waldbrand. Dazu braucht es sehr dicke und harte Schalen mit einer guten Isolierung. Solche Samen bringt man ohne Simulation des Waldbrands gar nicht zum Keimen. Man übergießt sie mit kochendem Wasser und bei manchen ist es sogar nötig sie zu räuchern.
Ganz allgemein kann man sagen dass Samen bei konstant niedrigen Temperaturen und kontrollierter Luftfeuchtigkeit gelagert werden sollten. In Papiertütchen sind sie praktisch schutzlos den Bedingungen der Umgebung ausgeliefert. Das kann verhängnisvoll werden, wenn sich diese Bedingungen nicht an den Bedürfnissen der Samen orientieren, sondern an denen der Kundschaft die hier Samen kaufen soll. Ein mollig warm geheiztes Gartencenter ist kein guter Lagerplatz für Samen. Selbst Gemüsesamen verliert hier unter Umständen schon nach wenigen Wochen seine Keimfähigkeit. Aus diesem Grund werden jetzt mehr und mehr die Samen in kleine Plastikbeutel eingeschweisst, die in der Papiertüte liegen.
Ich habe als Jugendlicher unfreiwillig erleben müssen wie unterschiedlich die Keimkraft von frischem und von gelagertem Samen sein kann. Damals wollte ich unbedingt eine Herkulesstaude haben, obwohl schon damals vor ihr gewarnt wurde. Ich probierte es wieder und wieder mit Saatgut aus der Tüte - vollkommen ohne Erfolg. Dann gab es im örtlichen Gartencenter davon Pflanzen zu kaufen. Die musste ich natürlich haben, und wir schauten zu wie dieses Pflänzchen zögerlich bei uns Fuß fasste. Es ist eine zweijährige Pflanze, und im ersten Lebensjahr passiert noch nicht viel. Ich hatte nicht den Eindruck dass dieses zarte Pflänzchen invasiv sein könnte. Im zweiten Jahr wurde sie gigantisch und trieb riesige Blüten mit Unmengen Samen. In allen Büchern stand man dürfe sie auf keinen Fall zur Reife kommen lassen. Ich wusste es besser, die Samen keimten ja nicht bei uns, hatte ich lange genug ausprobiert. Und selbst wenn ein oder zwei Keimlinge kämen, das würde mich nur freuen. Tja, die Keimlinge kamen wie die Kresse. Wohin wir schauten hatten wir im Jahr darauf junge Herkulesstauden. Quadratmeterweise Herkulesstaudenrasen. Wir brauchten Jahre um die alle wieder los zu werden. Aus der Tüte keimte kein einziger Samen, direkt von der Pflanze hat praktisch jeder gekeimt. Später habe ich mir diese Erfahrung bei Dill und Schwarzwurzeln zu Herzen genommen. Beides sind Pflanzen bei denen man mit der Aussaat oft sehr schlechte Ergebnisse hat. Von beiden lassen wir jetzt Mutterpflanzen stehen und ernten dort eigenes Saatgut. Der Dill wird sofort ausgesät, der Schwarzwurzelsamen wird im Kühlschrank gelagert und keimt im folgenden Frühling zufriedenstellend.