Gebietsheimische Arten

Hallo allerseits,
Andreas - als ich anfing, mich intensiver mit meiner Umwelt zu beschäftigen habe ich schnell
ähnliche Überzeugungen entwickelt. wie Du sie in Deinem Beitrag formulierst und mein Standard-Spruch
wurde: wenn ich mal meinen Traumhof finde, werde ich alles nur mit gebietsheimischen Pflanzen renaturieren.

Dann fand ich meinen Hof vor 6 Jahren - bis dahin voll landwirtschaftlich genutzt, Bauerngarten, ein paar hohe Bäume
und fruchtbare Wiesen voller dt. Weidelgras- das wars.

Schnell stellte ich fest, dass es gar nicht so einfach ist, überhaupt herauszufinden, was denn eigentlich "gebietsheimisch" ist
und ich kam zu genau denselben Feststellungen, wie Frank sie darlegt.
Damit war ich erstmal in einer Zwickmühle, was meine Entscheidungen anbelangte.

Letztendlich habe ich das ganz pragmatisch gelöst:
Ich bin beigegangen, habe geschaut, welche Bäume, Sträucher, Wildblumen und Wildkräuter gibt es hier in der Gegend natürlich,
welche gab es vielleicht auch mal UND habe dann geschaut, welche Tierwelt hier zur Zeit so heimisch ist und heimisch war und
wovon die sich ernähren.

Aus dieser Kombination habe ich dann meine Pflanzenauswahl getroffen.
Also z.B. Dornenknicks mit Heckenrose, Feuerdorn, Weißdorn, Ilex usw, Knicks mit Weide, Erle, Felsenbirne, Holunder usw.

Und dazu dann Saatgut von Rieger Hofmann - verschiedene Mischungen für die verschiedenen Vegetationen hier auf dem Hof.

Dann habe ich einfach immer alles gepflanzt und ausgesät und mir gesagt: was hier hergehört wird wachsen, was nicht, wird nicht wiederkommen.

Bei Sträuchern hatte ich es teilweise, dass sie fast eingingen.
Dann habe ich sie dort weggenommen und selbst wenn sie schon tod aussahen an einen ziemlich gegensätzlichen Standort gesetzt - und viele von ihnen blühten dann richtig auf.

Das einzige, was ich vermeide sind Zierpflanzen, die gar keinen Nutzen für die Natur hier haben (z.B. so gefüllte Blumen aus dem Gartencenter, dass da keine Biene was von hat) und Pflanzen, die ganz defitiv hier nicht hergehören, weil sie den Winter garantiert nicht überleben (z.B. Bananenbaum oder so)

Und Pflanzen, von denen ich weiß, daß sie unter Umständen heimische Arten oder Tiere gefährden/verdrängen

Parallel hole ich absolut konsequent keine einzige Pflanze im Winter rein oder schütze sie sonst wie.
Ich mache einfach gar nichts.
Hier überlebt nur, was mit unserer Witterung alleine klar kommt - und das gilt auch für meine Töpfe an der Hauswand
(wobei die angeblich frostfesten Terracottatöpfe meist das einzige sind, was nicht überlebt...und die werden jetzt, immer so,
wie sie kaputt gehen durch Blähtonsteine ersetzt)

LG
Kirstin
 
Hallo Markus

Da hast du natürlich recht. Aber auch wenn sich alles im laufe der tausenden Jahre entwickelt hat, hat auch die Tierwelt genügend Zeit gehabt, um sich anzupassen. Aber der Mensch denkt einfach nicht nach und handelt lieber. Jetzt sind alle Tiere, die sich tatsächlich im Laufe der Jahrtausende angepasst und ihren Lebensraum gefunden haben, dazu gezwungen all diese Entwicklung in etwa hundert Jahren zu vollziehen. Das kann nicht gut gehen. Genau so verhält es sich mit dem Fischfang etc. Mäuse und Ratten haben sich im Laufe der Zeit dazu spezialisiert möglichst schnell und möglichst viel Nachwuchs zu bekommen, weil sie eben ein bevorzugtes Ziel für Raubtiere waren. Diese Raubtiere verschwinden immer mehr und was bleibt sind Rattenplagen, über die keiner mehr ohne regelmäßig groß angelegte Vergiftungsaktionen (von denen man nur wenig mit bekommt) Herr wird. Dann kommen die Fischer- und Walfangboote und nehmen sich was sie kriegen können. Auch da wieder das selbe Problem.
Die Menschen verstehen einfach nicht, dass ein starker Eingriff in der einen Ecke, gleichzeitig starke Auswirkungen in einer ganz anderen Ecke bedeuten, welche sich wieder ganz wo anders bemerkbar macht.
Das Selbe trifft auf die fossilen Brennstoffe zu. Was aus einer gewaltigen Gift- und Gasbrühe entstanden ist, hat sich zu dem entwickelt, was wir heute kennen. Nun geht man dazu über all die Abfallstoffe, die einigermaßen Sicher konserviert und eingelagert wurden wieder frei zu setzen. Nachher wundert man sich, warum alles langsam den Bach runter geht.
Aber immerhin hat man verstanden, dass zumindest die Hauptprobleme gelöst werden müssen. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber es müssen noch viele folgen...

So weit mal meine Meinung zu der Ganzen sache
 
Hallo,
mein Posting 12 war noch gar nicht fertig, doch dann kam ein Anruf und der unfertige Text fand doch irgendwie den Weg hier ins Forum :D.

Ein weiterer Aspekt zu den gebietsheimischen Arten ist, dass man auch die genetische Variabilität und regionalen Eigenarten innerhalb einer Art erhalten will und der Gesetzgeber verhindern möchte, dass diese z. B. durch großflächiges Ausbringen von Saaten oder Anpflanzungen verwischt werden. Diese genetische Vielfalt sichert auch das langfristige Überleben der einzelnen Arten bei Veränderungen der Umwelt (z. B. Klimawandel).
Ein Beispiel was mir dazu einfällt ist das Blaukehlchen, dass in den 70er Jahren fast ausgestorben war. Heute gibt es in Norddeutschland wieder große Bestände. Dabei scheinen es weniger verbesserte Umweltbedingungen zu sein, sondern die Anpassungsfähigkeit einer Teilpopulationen in den Niederlanden an die heute herrschenden Umweltbedingungen, die sich dann ab etwa den 90er Jahren stark nach Westen ausbreiteten.
Bei einigen Tier- und Pflanzenarten in isolierten Populationen konnte man feststellen, dass eine Vermischung mit anderen Populationen der selben Art negative Auswirkungen hatte. Leider kann ich als Wald- und Wiesenbiologe das nicht im Detail erläutern, aber man spricht von Auszucht.
Es gibt aber auch wiederum das häufigere Gegenbeispiel, dass genetisch verarmte und isolierte Teilpopulationen (Inzuchtdepression) durch genetische Auffrischung von anderen Populationen vitaler werden.
Es ist also alles im Fluss und sollte es auch bleiben. Nur zu schnelle und starke Veränderungen sind zu vermeiden.
Letztlich finde ich es natürlich auch spannend, wenn ich als Norddeutscher im Urlaub in den Bergen die selben Arten wie daheim vorfinde, nur dass sie eben stärker behaart sind oder andere Merkmale aufweisen.

Gruß Andreas
 

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