Hallo rundrum,
kann man wegen so einem harmlosen Thema wie der Fütterung wirklich so aus der Haut fahren?
Da ich mein Geld im Wesentlichen damit verdiene, Fische zu füttern, mag ich jetzt auch mal meinen Senf dazu geben. Wer mag, darf mich danach auch verbal in der Luft zerreißen, wenn er denn sachliche Argumente parat hat.
erste These hier im Thread:
*Fische tun sich unter 10°C zunehmend schwer mit der Verdauung. Sie belastet den Kreislauf der Fische*
Grübel... Was passiert denn, wenn es im Teich kälter wird?-zwei wesentliche Sachen in Sachen Stoffwechsel/Verdauung.
1. Die ganze Sache mit den biochemischen Abläufen wird um ein Vielfaches langsamer. Es braucht also einfach mehr Zeit, die gleiche Menge Futter umzusetzen, als im Sommer. Da mit der Verlangsamung des Stoffwechsels insgesamt auch der Energiebedarf des Fisches zurück geht, halten sich Energiegewinnung durch Fressen und Energieverbrauch für die normalen Lebensvorgänge trotzdem die Waage.
2. Die "Gründlichkeit" der Verdauung läßt nach, da verschiedene Enzyme ausserhalb ihres Temperaturoptimums nicht mehr so funktionieren, wie es im Sommer der Fall ist. Daher finden sich im Kot der Fische bei niedrigen Temperaturen mehr an sich verwertbare Inhaltsstoffe, als in wärmeren Zeiten.
Wo aber ist da der Aufhänger für eine Mehrbelastung von Organismus oder gar Kreislauf? Durch die deutliche Verlangsamung der Umsetzung vom Futter hat der Fisch viel mehr Zeit, O2-Nachschub und die Entsorgung von CO2, NH3 & Co. zu erledigen. Die O2-Gehalte werden in den meisten Teichen in den kühleren Monaten auf einem höheren Niveau liegen, als im Sommer. Die Energiebilanz zwischen dem Aufwand an Energie für Aufnahme und Verdauung des Futters gegenüber dem Ertrag an Energie aus der Verdauung/Umsetzung wird auch in der kalten Zeit immer positiv im Sinne eines Energiegewinns sein.
zweite These:
*Freßverhalten ist nur ein "Schnapp"-Reflex und hat nix mit Hunger zu tun*
Fische suchen Sommer wie Winter nach Nahrung. Ich habe noch keinen Wildfang erlebt, der im Winter selbst unter Eisbedeckung einen leeren Darm hatte. Ein durch die zusätzliche Fütterung anerzogenes Verhalten mag eine Futteraufnahme begünstigen. Dieses Verhalten als Reflex abzutun und den Rest des durchaus komplexen Appetenzverhaltens bei Fischen zu ignorieren, hilft nicht weiter.
dritte These:
*Winterfütterung führt zu stärkerer Eutrophierung des Teiches und entsprechenden Problemen im Frühjahr*
Meint mit Sicherheit die Anreicherung von Stickstoff- und Phosphorverbindungen in der Zeit, in der die Vegatation Pause macht. Das ist ein Argument, solange man die Optik des Teiches an erster Stelle sieht. Was aber ist mit den Fischen? Die Vorfahren von
Goldfisch,
Koi & Co. stammen nicht aus Gewässern mit 2 Metern Sichttiefe. Grad der Eutrophierung und Nahrungsangebot gehen Hand in Hand. Ein Gartenteich mit klarem Wasser ist da eher eine magere "Weidefläche". Gepaart mit einem (üblich) unnatürlich hohen Fischbesatz ist da Kohldampf angesagt. Wenn ich im Sommer füttern muß, weil die Naturnahrung nicht ausreicht ... warum soll sie dann im Winter reichen? Wer das eine will (starken Fischbesatz) muß das Andere mögen (höheren Nährstoffeintrag -> stärkere Eutrophierung). Aus Angst vor Algen zu riskieren, daß die Fische im Frühjahr zum Teil heftige Probleme bekommen? :cry:
vierte These:
*bei Kois ist alles anders*
Was unterscheidet den Koi (Cyprinus carpio) vom gewöhnlichen Karpfen (Cyprinus carpio)?
![Smile :) :)](data:image/gif;base64,R0lGODlhAQABAIAAAAAAAP///yH5BAEAAAAALAAAAAABAAEAAAIBRAA7)
Machen die "Gendefekte" in Sachen Färbung und ein paar Macken aus der Zucht nach optischen Kriterien so große Unterschiede in Sachen Ernährung?
Bei der Winterfütterung geht es darum, dem Fisch bei der Schonung seiner hoffentlich angefressenen Reserven in Sachen Energie und essentielle Nährstoffe behilflich zu sein. Gerät eins von beiden in den Mangel, gibt es richtig Ärger :cry: In einer kleinen Wasserpfütze mit wenigen m³ Volumen, möglichst noch mit direkter Sonneneinstrahlung fahren die Temperaturen ständig Achterbahn, wo sich in einem natürlichen See nix rührt. Diese Achterbahnfahrt zwingt die Fische zu Anpassungen und damit zu verstärktem Verbrauch von Reserven, während die Kollgen im See damit kaum Streß haben. Die Fraktion im See ist dennoch auch unter Eis weiter auf Nahrungssuche. Warum sollen zur gleichen Zeit Fische im Teich hungern wollen?
Das auch hier im Thread angesprochene Energiemangelsyndrom kostet jedes Jahr viele Fische das Leben. Fischtierärzte und andere Leute vom Fach reden sich seit Jahren den Mund fusslig und versuchen das Problem zu erklären. Warum kommt das bei einigen Leuten hier nicht an? Fische fressen annähernd 12 Monte im Jahr. Sie verdauen auch noch bei 4°C. Ob ich die Fische im Winter füttern muß, ist keine Glaubensfrage, sondern schlicht davon abhängig, ob sie im Teich auch im Winter genug Futter finden. Wenn nicht, sind sie zu füttern. Dabei reicht es völlig aus, wenn im Abstand von Tagen wenig, aber leicht verdauliches Futter gegeben wird. Solange die Fische fressen, kann man davon ausgehen, daß sie das Futter auch brauchen.
Soweit meine Meinung zum Thema.
MfG Lars