Was für ein ereignisreicher Tag!
...ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll
....also am Besten beim Wetter:
es war überwiegend bewölkt, echt kalt, häufig Regen und ab und an
Sonnenphasen.....und die ganze Zeit heftig Wind, was die Insektenjagd erschwerte.....
Bei Claudi nichts Neues - sie verbessert sich weiter täglich und ist gut drauf:
da die Geschichte mit Wynni länger wird, beginne ich mal mit Flynn:
Flynn hat sich über Nacht offensichtlich super eingelebt
heute Morgen wurde ich stürmisch angeflogen und begrüßt und dann wurde
maßlos gefrühstückt.
Da Flynn den Raum jetzt kennt und keine Panik zeigt, habe ich den Gazevorhang vor dem Fenster
wieder entfernt, damit er rausschauen kann und mehr Licht rein fällt - außerdem ist das Fenster wieder
einen Spalt offen, damit Flynn und Claudi die Geräusche vom Hof hören können.
Damit Flynn auch eine Anflugmöglichkeit vorm Fenster hat, habe ich einen alten Fliegengittertürrahmen
davor gestellt - er deckt nur einen Fensterausschnitt ab und Flynn sitzt gerne drauf oder krallt sich
in das Gitter, um darauf freigelassene
Fliegen abzufischen
außerdem sass Flynn nachmittags ein paar Mal in Claudi s Kletterlandschaft und Claudi überlegte erfolglos,
wie sie da wohl rauf gelangen könnte
Bei einer Nachmittags-Fütterung kletterte Flynn nachdem er satt war meinen Pullover hoch und kuschelte sich
in die Armbeuge, wo er sich anschickte, zu schlafen
Ich machte ihm klar, dass das nicht geht, wenn er seine nächste Mahlzeit pünktlich haben will - schließlich muss
irgendwer jagen
Aber mir sagte das, dass er vielleicht doch jetzt (nachdem er es gestern ja ablehnte) gerne ein Nest als
Bettchen hätte
Ich habe ihm das Nest also auf der Beute aufgestellt und mit einem Rindendach versehen.
Flynn findet das absolut spitze und hat sich am späten Nachmittag da rein begeben, ausgiebig
Gefiederpflege betrieben und sein Nest nur noch kurz zum Füttern verlassen
Mir scheint Flynn sehr zufrieden zu sein
Seine Flugkünste sind wirklich schon super - er startet und landet zielgerichtet und super und er fliegt auch schon
elegante Kurven
Ich glaube auch nicht, dass es noch lange dauert, bis er Futter im Flug von der Pinzette holt
Nun also zu Wynni - da werde ich jetzt zwei Geschichten in der zeitlichen ABfolge schildern
Heute Morgen wurde ich begrüßt wie gestern, Wynni futterte ausgiebig ihr erstes Frühstück, ich musste das
Futtertier jeweils nach ihrem Schnabel ausrichten - also sie reagierte auf keine Bewegung etc.
Dann kam sie wieder auf ihren Fensterplatz:
Sie war fröhlich drauf und schien die Sonnenphasen zu geniessen.
Bei jeder 2. Fütterung träufelte ich ihr je einen Tropfen Euphrasia in die AUgen und direkt danach
konnte sie für ein oder zwei Happen den Futtertieren mit dem Blick folgen - wenn die Futtertiere
fast senkrecht von oben kamen
Jedes Mal, wenn ich fütterte, musste ich an Hypericum denken.
Am späten Vormittag klingelte dann das Telefon:
Es war eine Frau aus dem Lübecker Raum dran.
Sie hat vor ca 3 Wochen eine Mehlschwalbe, die vermutlich aus einem Nest gefallen war, aufgenommen.
Zum Auffindezeitpunkt war sie schwach befiedert.
Die Ziehmutter hat sich intensiv über einschlägige Seiten im I-Net, von denen man erwarten sollte, dass
die Angaben dort fundiert sind und bei diversen anderen Stellen über die korrekte AUfzucht informiert und alle
Angaben mit viel Aufwand und sehr gewissenhaft umgesetzt:
Als Mineralfutter Korvimin
(das Zeug wird leider immer noch überall empfohlen - und man kann sich fragen,
wie gut das Zeug sein kann, wenn es für "alle Vögel und für Reptilien" geeignet ist.
Wenn ich sehe, wie unterschiedlich allein der Bedarf eines z.B. Spatzes im Vergleich zur Schwalbe ist, dann
frag ich mich, wie so ein Zusatz funktionieren soll
)
Als Futtertiere - streng nach Empfehlung:
Wachsmottenlarven abgekocht und anschließend geköpft
Heimchen frisch bestellt, sofort eingefroren, nach Bedarf abgetaut und blanchiert
und ich glaube noch Bienendrohnenmaden - das weiss ich aber nicht mehr genau.
Außerdem Vitamin B Komplex von Nektron - dass ist das einzige Zusatzpulver, was bei Kunstfutter
in dieser AUfzählung wirklich wichtig und sinnvoll ist und wo auch die Marke brauchbar ist.
Die ebenfalls empfohlenen Mehlwürmer hat sie zum Glück auch weggelassen, genau wie
Flynn s Ziehmutter, weil es ihr ebenfalls nicht geheuer war.
Nun gibt es ein Problem mit besagter Mehlschwalbe und die Ziehmutter hat mich bei ihrer Suche
im I-Net gefunden und kontaktiert:
die Kleine ist recht klein geblieben - müsste viel weiter sein.
Jetzt macht sie erste Flugversuche, scheitert aber an der Landung.
Außerdem ist bereits eine Schwungfeder abgebrochen und auf der anderen Seite hat sie eine verloren
Das übrige Gefieder sieht nicht berauschend aus - die Ziehmutter hat den Eindruck, als gäbe es da
irgendeinen Mangel.
Es fiel mir wirklich schwer, ihr zu sagen, dass absolut alles komplett falsch gelaufen ist mit der Fütterung
und dass diese Schwalbe draußen mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit keine lange Überlebenschance haben
wird, da die Federn sich erst mit der Mauser in Afrika erneuern werden.
Bis dahin wird sie leichtes Opfer für Greifvögel sein und nur vermindert in der Lage zu jagen.
Mir fiel das umso schwerer, weil ich raushören konnte, mit wie großem Einsatz, Gewissenhaftigkeit und
Konsequenz diese kleine Schwalbe gepäppelt wurde.
Ich erklärte ihr, dass es nahzu unmöglich sei, eine Schwalbe hier überwintern zu wollen, denn Schwalben wollen
viel, viel fliegen und sie brauchen viel Licht, Wärme und vor allem Fluginsekten.
Man muss sich überlegen, ob man es dem Tier, das ja fliegen kann und den Drang hat, loszuziehen, antun will, es in irgendeinem
Wohnzimmer irgendwie durch den Winter zu ziehen (der Vogel wird da vermutlich kein Verständnis für haben und nicht
sonderlich glücklich sein) und vermutlich mangels entsprechender Licht- Bewegungs- und Fütterungsverhältnisse bei der
nächsten Mauser auch wieder Gefiederschäden produziert oder ob man der Schwalbe, wenn sie soweit ist, dass sie
starten, landen und Futter im Flug fangen kann, die Freiheit gibt, wenn sie sie einfordert - wohl wissend, dass
sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nur einige glückliche Stunden oder Tage erleben wird, bevor sie einem Greifvogel zum
Opfer fällt.
Zunächst riet ich der Frau, sich sofort von ihrem sämtlichen Futter zu verabschieden und in rauhen Mengen - soviel, wie
der Kleine fressen will, in der Natur gefangene Fluginsekten reinzufüttern und parallel meinen TA anzurufen,
um zu erfragen, welcher Vit. B Komplex das ist, damit sie sich genau den beim TA besorgen kann.
Sie erzählte mir dann noch, dass sie einen großen Wintergarten haben, wo sie die Fenster abgehängt und
den für die Schwalbe eingerichtet haben.
Dort habe sie auch schon einen Zuchtansatz Fliegen in der Mache, weil sie hofft, dass ihr Kleiner dann, wenn die
Fliegen schlüpfen, jagen üben kann.
Soweit erstmal unser Gespräch.
Während ich dann erstmal wieder auf der Wiese jagte, ging mir dieses Gespräch nicht aus dem Kopf.
Diese Anruferin hat für die kleine Schwalbe mit gigantischer Konsequenz und immensem Aufwand (die
von ihr beschriebene Fütterung ist um ein Vielfaches aufwändiger, als meine Fütterung) das Päppeln
betrieben.
Und wer nimmt schon seinen Wintergarten her, macht daraus ein Vogelzimmer, wo er mal eben tausende von Fliegen los lässt?
Ich rief sie nochmal zurück und fragte sie, ob sie sich generell vorstellen könnte, die kleine Schwalbe zu überwintern - was
allerdings mit einigem Aufwand verbunden wäre.
Sie meinte: mein Mann und ich haben das auch schon überlegt - wir wollen den Kleinen nicht direkt in den Tod schicken.
....um es abzukürzen:
sie werden es versuchen - im Wintergarten und ein gigantisch großes Wohnzimmer (auf einem alten Gutshof) steht
zusätzlich als Flugfläche zur Verfügung.
Der Wintergarten ist beheizbar, Tageslicht- und Rotlichtlampen würden aufgehängt, Wildfanginsekten werden jetzt
schon in großen Mengen bei den umliegenden Bauern aquiriert und eingefroren, so dass man im WInter gut durchgefütterte
Heimchen mit Freifanginsekten gemischt füttern kann und natürlich muss da ein wirklich passendes und hochwertiges
und für Schwalben geeignetes Zusatzpulver mit gefüttert werden.
Außerdem soll der Kleine nach Möglichkeit Gesellschaft bekommen.
Also wenn noch irgendwo ein oder zwei Mehlschwalben sitzen, die dasselbe Problem haben und auf die nächste
Mauser warten müssen, würden sie die gerne aufnehmen
....und nun kommt es:
Falls nicht das große Wunder geschieht, dass Wynni in absehbarer Zeit vollständig mit ihren AUgen fit wird,
könnte Wynni dort ebenfalls überwintern und hätte damit viel Zeit für ihren Heilungsprozess - in Schwalbengesellschaft und einer
schwalbengerechteren Umgebung, als ich sie im WInter bieten könnte
Allerdings wird Wynni die nächsten Tage auf jeden Fall noch hier bleiben, denn den gegenwärtigen Therapieverlauf möchte
ich nicht jetzt, wo sich gerade anfängt was zu tun, stören.
Ich denke, bis ca Ende nächster Woche wird sich spätestens zeigen, ob Wynni noch eine reelle Chance auf
diesjährige Auswilderung hätte.
Wenn nein, würde ich sie gerne schnell dorthin bringen, damit sie sich
schnell mit der anderen Schwalbe anfreunden kann.
Wenn es soweit kommt, würde ich sie natürlich selbst hinbringen und mir anschauen, ob es wirklich so ist,
dass ich sie guten Gewissens da lassen würde - aber ich habe da keine Zweifel
So, das also die Geschichte in der Geschichte
Mittags habe ich zur Fütterung dann, da mir ja Hypericum den ganzen Morgen nicht aus dem Kopf ging,
4 Kügelchen Hypericum C 30 in einem halben Eierbecher mit Wasser aufgelöst und die nächsten 3
Mahlzeiten die Futtertiere darin gebadet.
Ab 14 Uhr - es war nur noch bewölkt, habe ich WYnni außerdem die Rotlichtlampe wieder an gemacht,
unter der sie sich nicht einmal weg bewegte.
Und jetzt kommt es:
ab ca 16 Uhr hatte Wynni nahzu durchgehend ihr krankes AUge auf, es war fast so gross, wie das andere AUge und
sie holte sich zielgerichtet die Futtertiere von der Pinzette - und das auch sofort, wenn ich da
einige Minuten still gesessen hatte (sie war eigentlich satt) und dann wortlos noch mal ein Tier über ihren
Kopf beförderte: sofort ging der Schnabel auf und reckte sich genau zum Tier
Sie hat den Rest des Tages definitiv etwas gesehen! - Sicherlich nicht viel (ihr erster Flugversuch landete
in den Weingläsern und von dort der Weiterflug an der Tapete, an der sie dann runter rutschte und
auf dem Fussboden zu mir gelaufen kam), aber es tut sich was
Ich bin sehr gespannt auf die Entwicklungen der nächsten Tage - und ich bin sehr froh, dass es
für Wynni egal, wie sie sich jetzt entwickelt eine Chance geben wird.
Nomen est omen - ich glaube, ihr Name bringt ihr ganz viel Glück
Ich freue mich natürlich riesig, dass sich für Wynni diese Chance aufgetan hat - gleichzeitig habe ich einmal mehr
das Internet verflucht.
Es ist ja wirklich für viele Dinge hilfreich - aber wenn da erstmal was Falsches drin steht - das lässt sich nie wieder
weg kriegen.
Für die kleine Schwalbe und ihre Finderin tut es mir unendlich leid, dass all die Mühe zu diesem fatalen
Ergebnis geführt hat - und das nur, weil selbst WIldvogelstationen, Tierärzte und sonstige sogenannte "Fachleute" so
einen elendlichen Schwachsinn raten.............
...und hier noch die Fotos von Wynni von heute Abend - sie folgt mir mit den Augen und auf dem einen Bild
bettelt sie mich gezielt an - zum ersten Mal - und obwohl ich nichts gesagt habe - sie muss es gesehen haben